Die Volvo Group ist ein führender Hersteller von Lkws, Bussen, Baugeräten sowie Schiffs- und Industriemotoren. Mit etwa 100.000 Mitarbeitern und Produktionsanlagen in 18 Ländern sind in dem internationalen Konzern die strikte Optimierung der Lieferkette und die unablässige Suche nach Möglichkeiten zur Verbesserung der betrieblichen Effizienz unverzichtbar. Flexibilität und Agilität sind bei benutzerdefinierten Konfigurationen und sich ändernden Kundenanforderungen die wichtigsten Grundsätze der Fertigung.
Für die Volvo Group gilt dies ganz besonders, da allein 2018 fast 260.000 Lkws bestellt wurden.. Um sich an diese Veränderungen anzupassen, durchläuft Volvo eine digitale Transformation und verfolgt Initiativen für Industrie 4.0, um seine physischen Prozesse, Produkte und Mitarbeiter durch die neuesten Technologien von heute und morgen zu optimieren.
Die Herausforderung
Volvo setzt auf die Qualität und hervorragende Technik seiner Fahrzeuge als strategisches Alleinstellungsmerkmal. Im heutigen dynamischen Markt sind individuelle Anpassungen an der Tagesordnung. Daraus ergeben sich neue Herausforderungen bei der Qualitätssicherung, da durch Produktkomplexität und individuelle Konfigurationen Umfang und Geschwindigkeit von Änderungen enorm zunehmen.
"Die Motoren von Volvo sind mit 4.500 verschiedenen Varianten in einem einzigen Werk und 13.000 Varianten zur Referenz hochkomplex", erläutert Geoffrey Blanc, Manufacturing Technology Manager bei Volvo.
Qualitätskontrolle und -sicherung der Motoren unterliegen strengen Qualitätsprüfungen und dürfen nur von den erfahrensten Technikern durchgeführt werden. Jeder einzelne Motor durchläuft 40 Prüfungen mit 200 möglichen Qualitätssicherungsvarianten – für all diese Tests sind am Prüfstand nur acht Minuten Zeit.
Die Schulung neuer Techniker in diesen komplexen Prüfverfahren dauert fünf Wochen und treibt die Qualitätskosten insgesamt in die Höhe. Der arbeitsintensive Prozess ist papierbasiert. Das bedeutet, dass von den Technikern eine erhebliche kognitive Leistung erwartet wird. Zudem müssen für die regelmäßige Aktualisierung, den Druck und die Verteilung der Qualitätssicherungsunterlagen ebenfalls Zeit und Ressourcen investiert werden.
Die Herausforderung liegt darin, einen durchgängigen Datenfluss und Verbindungen zwischen den Systemen zu erreichen und aufrechtzuerhalten, um betriebliche Effizienz in der gesamten Wertschöpfungskette zu erreichen."Wie wir wissen, gibt es am Lkw-Markt erhebliche Varianten. Für uns bedeutet die Flexibilität unserer Werke, dass wir die Produktion rasch anpassen können, um Markttrends zu folgen", so Bertrand Felix, Manufacturing Innovation and Technology Manager der Volvo Group.
Bei einem Pilotprojekt mit dem vorhandenen AR-Anbieter (Augmented Reality) zur Verbesserung der Qualitätssicherungsprozesse für Motoren stellte sich heraus, dass das Angebot nicht für die gewünschten Anwendungen, Prozesse und Einsatzbereiche skaliert und integriert werden konnte.
Bei der Suche nach Alternativen achtete das Unternehmen insbesondere auf agile Unterstützung für zunehmende Produktkomplexität und benutzerdefinierte Konfigurationen in der technischen Entwicklung und vorgelagerten Fertigungsprozessen sowie auf globale Skalierbarkeit.
Die Lösung
Die Wahl fiel letztendlich nicht nur aufgrund der erstklassigen Augmented Reality -Funktionen von Vuforia auf PTC, sondern auch wegen der durchgängigen Lösung für die Erstellung und Skalierung eines Digital Threads. Die Möglichkeit, Lösungen für Produkt- und Fertigungslebenszyklus in die gesamte Wertschöpfungskette zu integrieren, unterschied PTC von allen anderen Anbietern.
Volvo nutzte außerdem die ThingWorx Platform für das Industrial Internet of Things zur Integration von Informationen aus mehreren Software-Systemen (aktuelle Konstruktionsinformationen aus Creo CAD-Modellen der Motoren, nachgelagerte Windchill PLM-Daten und Daten aus anderen Fertigungs- und Geschäftssystemen), um die Synchronisierung von Echtzeit-Daten zu ermöglichen.
"Bei Volvo Group Trucks Operations haben wir viele selbstentwickelte Systeme, die wir alle integrieren mussten. Wir entschieden uns, nach Möglichkeit ThingWorx für kritische Verbindungen zu verwenden, um schlussendlich einen Digital Thread für sämtliche Abläufe zu erreichen", erläutert Blanc.
Die durch den Digital Thread entstandene zuverlässige und allgemein gültige Datenquelle wird anschließend mithilfe von Augmented Reality bereitgestellt, sodass die Qualitätssicherungsmitarbeiter die neuesten Motorkonfigurationen und die zugehörigen Unterlagen nahezu in Echtzeit aufrufen und anzeigen können.
Mithilfe einer Vuforia Augmented-Reality-Experience lassen sich im Handumdrehen die aktuellen Konfigurationen in 3D aufrufen. So entfällt das aufwendige Durchforsten von Papieren, was sich in höherer Produktivität, besserer Qualitätssicherung und insgesamt effizienteren Prozessen niederschlägt. Die AR-Lösung wird im Mixed-Reality-Format bereitgestellt. Dabei werden 3D-Daten und Qualitätssicherungsinformationen direkt über den realen Motoren eingeblendet. Mithilfe von Computer-Vision-Technologie wird der Content verfolgt und verankert.
Dank der Lösung entfallen nicht nur die Kosten und Risiken einer papierbasierten Vorgehensweise, sondern die Qualitätssicherungstechniker können über die AR-Experience auch spezifische Defekte erfassen, die dann wieder zurück an technische Entwicklung und Fertigung geleitet werden können, um die entsprechenden Prozesse zu verbessern..
Dieser bidirektionale Datenaustausch kann dazu beitragen, Fehler in Echtzeit zu analysieren. Dadurch werden die Qualität und der Durchsatz von Volvo zusätzlich verbessert. Die Feedback-Schleife, die durch einen Digital Thread entsteht, liefert zeitnah betriebliche Einblicke und erfasst wichtiges Feedback, um zukünftige Motorenentwürfe zu verbessern und Volvo mit hervorragender Qualität und Technik weiter vom Wettbewerb zu unterscheiden.
Wie geht es weiter?
Die Piloteinführung von Augmented Reality, über einen Digital Thread in andere PTC Technologien integriert, wird im gesamten Unternehmen eine transformative Wirkung zeigen – vom Wegfall papierbasierter Abläufe bis hin zur zukunftsweisenden Unterstützung und Schulung aller Mitarbeiter. Volvo erwartet sich bei durchschnittlich fünf Qualitätssicherungsstationen in jedem der 20 Werke Einsparungen von mehreren Tausend Euro pro Station und Jahr, einen Wettbewerbsvorteil beim Recruiting durch den Einsatz von AR und einen weiteren bedeutenden Schritt hin zu seinem Qualitätsziel von 0 Parts Per Million (PPM).
Mit dem Digital Thread und den PTC Lösungen wird Volvo mit minimalem Aufwand zahllose weitere Nutzungsmöglichkeiten erschließen und verschiedene geschäftliche Ergebnisse erzielen, die dieser breit angelegten Initiative für digitalen Wandel zugrunde liegen:
- Betriebliche Effizienz und Kosteneinsparungen durch Digitalisierung des Qualitätssicherungsprozesses
Früher brauchte Volvo bei neuen Motoreniterationen an verschiedenen Arbeitsplätzen und Werken über einen Tag für die Aktualisierung und Validierung der Konfigurations- und Qualitätssicherungs-Checklisten. Seit der Implementierung eines Digital Threads und von Augmented Reality ist hierfür weniger als eine Stunde nötig.
- Erhebliche Verkürzung der Schulungsdauer zur Überwindung des Fachkräftemangels
Durch AR-Technologie kann die Schulung von Qualitätssicherungsmitarbeitern auf unter zwei Wochen verkürzt werden. Durch das schnelle Onboarding wichtiger Mitarbeiter kann Volvo flexibler und agiler auf Marktveränderungen und geänderte Kundenwünsche reagieren.
- Zusätzliche Anwendungsmöglichkeiten für AR durch Schaffung eines Digital Threads
Volvo plant für die nächste Zukunft die Einführung eines AR-gestützten Qualitätssicherungsprozesses in mehreren Werken und arbeitet aktiv an der Entwicklung neuer Anwendungsmöglichkeiten innerhalb der Wertschöpfungskette. Einige Beispiele sind schrittweise Montageanweisungen für die Fertigungslinie, Service-Anweisungen für die Wartung von Produktionsanlagen sowie die Unterstützung von operativen Echtzeit-Einblicken und KPIs innerhalb der Wertschöpfungskette.
'Wir verwenden ThingWorx und PTC Lösungen, um unsere Daten aus der realen Welt in die Entscheidungsprozesse in der digitalen Welt einzuspeisen – und umgekehrt.'
Bertrand Felix, Manufacturing Innovation & Technology Manager, Volvo Group