Jürgen Nick ist Digital Transformation Director bei PTC. Seit 2017 unterstützt Jürgen Nick Kunden der Prozessindustrie dabei, die digitale Transformation im Unternehmen voranzutreiben, Herausforderungen im Produktionsprozess und in der Arbeitswelt zu identifizieren, die Werttreiber und Business Cases zu diskutieren und zu analysieren sowie den Mehrwert von PTC Lösungen zu positionieren.
Eintauchen in die Zukunft
Es hakt bei wesentlichen Kennzahlen wie Ausfallzeiten, Gesamteffektivität der Produktion oder der Erstbehebungsrate? Dann sollten Sie sich fragen, ob ihr Unternehmen immer noch im papierbasierten Zeitalter gefangen ist? Wir sagen, wie durch die Liaison von IoT und AR ein neues Effizienz- und Wartungs-Level erreicht wird.
Am Anfang herrscht das analoge Chaos. Anlageninformationen liegen in Papierarchiven, Ordnern beim Vorarbeiter, in Form von Excel-Tabellen oder in Legacy-Systemen vor. Über etliche Abteilungen und Verantwortliche im Unternehmen verteilt. Das hat zur Folge, dass in dokumentenzentrischen, verteilten Prozessen wichtige Informationen verloren gehen, wenig transparent oder gar nicht vorhanden sind, selten zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort vorliegen – so lässt sich eine smarte Fabrik mit reibungslosen Arbeitsabläufen nicht aufbauen. Das geht nur mit einem konsequent datenzentrierten Ansatz. Heißt: Alle wichtigen Daten, von der Konstruktion bis zu aktuellen Betriebszuständen, erfassen und über eine IoT-Plattform wie ThingWorx aggregieren, orchestrieren, zentralisieren und zu sinnvollen Informationen wandeln, die zur richtigen Zeit dort zur Verfügung stehen, wo sie gebraucht werden. Etwa direkt an einer Maschine, die repariert werden muss - so werden unnötige Informationsbeschaffungswege, manuelle Workflows und Übergaben vermieden. Das ist die Basis, um ein digitales Daten-Abbild einer Prozessanlage zu schaffen – aus der in der Folge eine smarte werden wird.
Weg mit verteilten Dokumenten, her mit zentralisierten Informationen
Um also eine datenzentrische Umgebung für Prozesse und Produkte zu schaffen müssen alle relevanten Daten und Dokumente in einem zentralen System wie der IoT-Plattform ThingWorx konsolidiert werden. Das ist der erste Schritt. Der zweite besteht darin, aus dem digitalen Daten-Abbild mit den Scandaten ein vollständiges, digitales Abbild einer Prozessanlage zu schaffen: den digitalen Zwilling. Gerade bei Maschinen oder Produktionslinien ist es hilfreich, mit modernen Laser-Scannern diese räumlich zu erfassen, womit ein hochauflösendes Abbild von ganzen Produktionsstätten entsteht. Was die Grundlage dafür bereitet, später in diese mittels Augmented Reality (AR) buchstäblich einzutauchen.
Virtueller Rundgang im digitalen Zwilling
Durch die 3D-Modelle, Scans und die Daten vom Shopfloor, die in einer Instanz zusammenlaufen, werden zu jeder Zeit und von jedem Ort aus (auch via Smartphone) virtuelle Rundgänge durch den Maschinenpark möglich. Mithin wird durch die ständige Aktualisierung der Daten der digitale Zwilling up-to-date gehalten – während im Ordner abgelegte Betriebsdaten vor sich hin stauben würden. Vor allem wird durch diese datenzentrierte Umgebung ein permanenter Informationsaustausch zwischen Maschine und Operator möglich, so dass beispielsweise zügig auf Schwierigkeiten oder Effizienzverluste im Betrieb reagiert werden kann. So können automatisiert kritische Abweichungen detektiert und Wartungstechniker durch Alerts informiert werden.
Remote und immersiv: So sieht die Wartung der Zukunft aus
Sobald die technischen Anlagendaten konsolidiert und in hoher Qualität zur Verfügung stehen, können etliche weitere Tools angebunden werden, wie etwa Augmented-Reality-Lösungen zur Anlagenwartung und -instandhaltung sowie zur Schulung und zum Trouble Shooting.
Mit PTCs AR Lösung Vuforia Studio ist es nun ein leichtes, bestehende CAD- oder Scan- sowie IoT-Daten in immersive AR-Erfahrungen zu verwandeln. Dadurch können Mitarbeitern in der Produktion kritische Informationen genau angepasst auf ihre Rolle, zu dem Zeitpunkt und an dem Ort geliefert werden, an dem diese am dringendsten gebraucht werden. Das reduziert Ausfallzeiten, Fehler und Unfälle. Kommt der Betrieb doch mal zum Erliegen, lässt sich durch eine immersive Anlagenbegehung die Downtime durch animierte Sequenzen für intuitive Montage-, Inspektions- und Betriebsanweisungen für Wartungsmitarbeiter oder Maschinenführer vor Ort verringern. Unternehmensweite AR-Inhalte lassen sich über eine einzige Viewer-Anwendung auf dem bevorzugten Mobilgerät oder Headset (wie etwa Realwear oder HoloLens) nutzen. Man sieht: IoT-Plattformen wie ThingWorx und AR-Anwendungen wie Vuforia sind komplementär. Gemeinsam genutzt, entfalten sie ihr gesamtes Potenzial.
Remote-Lösungen werden künftig zu einem zentralen Bestandteil von Schulungen des Betriebspersonals werden. So können überdies Begehungen in gefährlichen Anlagenbereichen minimiert werden, was die Arbeitssicherheit und Mitarbeiterzufriedenheit erhöhen. Außerdem ermöglichen mobile Lösungen dem Betriebs- und Instandhaltungspersonal, Anlageninformationen via Tablet oder Smartphone vor Ort zu nutzen oder von überall aus auf die aktuellsten Informationen der Produktionsstätte zuzugreifen – was Remote-Services auf eine neue Stufe hebt. Zumal, wenn künftig aus der Ferne im Metaverse eingegriffen werden kann, wofür PTC gerade die Voraussetzungen schafft.
Ein Beispiel: In einer Produktionslinie wird zu viel Ausschuss produziert. Werker sind ratlos, greifen zu ihrem Smartphone und scannen in kürzester Zeit die Anlage samt Umgebung. So entsteht mithilfe innovativer PTC-Technologie ein „Pop-up“-Metaversum, in das ein entfernt arbeitender Wartungstechniker eintaucht, um nach möglichen Fehlerquellen zu suchen und diese gemeinsam mit dem Werker vor Ort zu beheben. Dabei werden auch Bewegungsabläufe von Mitarbeitenden sichtbar gemacht, um eine ganzheitliche Analyse aller Fehlerpotenziale zu ermöglichen. Allein schon durch den Vergleich des volumetrischen Scans des Raums mit einem früherem können Anomalien erkannt werden. Natürlich können auch weitere Experten aus der Ferne hinzugezogen werden und durch überlagernde grafische Erklärungen am Display des Smartphones eine Reparatur anleiten.
Das vor allem auch, bevor es zu spät ist: Denn derart digitalisiert, erfolgt die Anlagenüberwachung permanent und lässt Prognosen zu, wodurch eine vorausschauende Wartung möglich wird.
Fazit
Durch AR wird IoT-Daten eine immersive Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine hinzugefügt, die etliche neue Möglichkeiten schafft, Produktionsanlagen effektiver, ausfallsicherer und bedienerfreundlicher zu fahren. Gefährliche Situationen bei der Anlagenbegehung können ebenso vermieden werden wie unnötige Ausfälle oder Technikereinsätze vor Ort. Mit den entscheidenden Anleitungen, Erklärungen und Daten, die in das Sichtfeld einer AR-Brille gespiegelt werden, lassen sich letztlich durch optimierte Schulungs-, Wartungs- und Instandhaltungsprozesse zentrale KPIs verbessern. Man muss nur dazu bereit sein, vom hergebrachten dokumentenbasierten Betrieb abzulassen - hin zum datenzentrierten auf einer einheitlichen Plattform.
Industrial Augmented Reality für den Service
Mit Industrial AR können Sie die Effektivität des Service verbessern und den Wissenserwerb beschleunigen, während Sie zugleich die Kundenzufriedenheit steigern und die Kosten senken.
Mehr erfahren