Umstellung von PDM auf PLM

So schuf Volvo CE die Grundlagen für den Digital Thread

Volvo CE benötigte ein einheitliches PLM-System (Produktlebenszyklus-Management) als produktorientiertes Informations-Backbone für das erweiterte Unternehmen.


Volvo Construction Equipment (CE) mit Sitz im schwedischen Göteborg ist ein führender internationaler Hersteller von Premium-Baumaschinen. Mit mehr als 180 Jahren Erfahrung im Bauwesen und dem Know-how von über 14.000 Mitarbeitern liefert das Unternehmen Produkte und Dienstleistungen in mehr als 180 Länder der Welt. Dank seiner auf Innovation ausgerichteten Strategie und Unternehmenskultur bietet Volvo CE seinen Kunden die richtigen Maschinen und Lösungen für jedes Bauprojekt.

Sich ändernde Marktbedingungen, kürzere Produktlebenszyklen und wachsende Produktkomplexität zwingen Industrieunternehmen wie Volvo CE zu Veränderungen. Die Unternehmen reagieren, indem sie neue Geschäftsmodelle entwickeln, Abläufe durch Dezentralisierung der Produktion globalisieren und Technologien wie Automatisierung und Konnektivität für

angepasste Produkte und intelligente Services nutzen. Um wichtige Geschäftsfunktionen zu realisieren und langfristiges Wachstum sicherzustellen, begann Volvo CE, eine Vision für die digitale Transformation auszuarbeiten.

Wie in vielen Unternehmen mit langer Geschichte haben Fusionen und Akquisitionen das Produkt- und Service-Portfolio von Volvo CE geprägt. Über die letzten vier Jahrzehnte ist eine komplizierte und teure IT-Umgebung mit vier verschiedenen PDM-Systemen (Produktdaten-Management) gewachsen. Ein beträchtlicher Anteil des Investitionsbudgets floss daher in den Betrieb der alten Systeme. Für die Verbesserung der eigentlichen Arbeitsprozesse war kaum Geld vorhanden.

Volvo CE benötigte ein einheitliches PLM-System (Produktlebenszyklus-Management). Die Wahl fiel auf PTC Windchill, eine umfassende PLM-Lösung für Daten-Governance und Verfolgbarkeit, die eine maßgebliche Erkenntnisquelle für technische Entwicklung, operatives Geschäft, Zulieferer und Kunden bereitstellt. Durch die Schaffung eines Digital Threads und einer einheitlichen Produktarchitektur konnte Volvo CE funktionsübergreifenden Teams die zentrale Verwaltung von komplexer Hardware- und Software-Strukturen ermöglichen.

Und so gelang es: Volvo CE schuf mit der sofort einsatzbereiten Value-Ready Deployment von PTC Windchill einen Digital Thread


Der Ansatz

Die Implementierung einer einheitlichen PLM-Lösung wirkt sich auf nahezu jeden Bereich von Volvo CE aus. Daher war es unabdingbar, von Anfang an das gesamte Unternehmen einzubeziehen. Zur Definition von Zielen und Strategien gemeinsam mit den verschiedenen Teams im Unternehmen führte das Strategy, Architecture and Systems Team einen Acceleration Workshop durch – das erste von zahlreichen Meetings, die für ein praxisnahes, agiles Änderungs-Management sorgten.

Der Zweck dieser Besprechungen war, Zugkraft („Pull“) zu entwickeln, also dafür zu sorgen, dass Menschen in relevanten Bereichen der Organisation sich etwas von dem Team wünschen, das Änderungen vorantreibt – in diesem Fall eine neue PLM-Lösung und modernere Arbeitsweisen. Durch

häufige Meetings und Definieren der Anforderungen von unten nach oben entstand ein „umgekehrtes“ Führungsdreieck, in dem die Führungsebene die Ziele von relevanten Mitarbeitern und Organisationen unterstützt.

Nach dem Acceleration Workshop hatte Volvo CE eine klare Vorstellung von seinem PLM-Programm: Es sollte Methoden, Prozesse und Tools – insbesondere Windchill – als zentrale Anlaufstelle für Informationen bereitstellen für alle, die mit einem bestimmten Produkt zu tun haben. Das PLM-System sollte einen neuen Ansatz für die Produktentwicklung ermöglichen und die Kommunikation zwischen allen am Produkt beteiligten Personen erleichtern, um die Markteinführung zu beschleunigen, die Qualität zu verbessern und die Kosten zu senken. Mit einer zuverlässigen und allgemein gültigen Datenquelle für alles rund um ihre Produkte und Architekturen sollten Teams sicherstellen können, dass alle Aktivitäten einen Mehrwert bieten und zum kollektiven Wissen beitragen. Und schließlich wollte Volvo CE mit einem Digital Thread die Grundlage für seine Weiterentwicklung zum Service-orientierten Lösungsanbieter schaffen.

Die Lösung

Nachdem die Vision geklärt war, konzipierte das Strategy, Architecture and Systems Team die Lösung rund um ein durchgängiges PLM-Gesamtkonzept. Damit sind grundlegende Bereiche mit Veränderungsbedarf gemeint, u. a. die durchgängige Produkt- und Service-Dokumentation. Hierzu gehörten teileorientiertes Änderungs- und Konfigurations-Management, Produktdaten-Management (mit Integration in die 3D-Multi-CAD-Umgebung), Anwendungslebenszyklus-Verwaltung, Produktvariabilitäts-Management, die Verwaltung mehrerer Stücklisten (technische Entwicklungs-, Fertigungs- und Service-Stücklisten), Concurrent Engineering und mehr.

Um dieses Ziel zu erreichen, nutzte Volvo CE die sofort einsatzbereite Value-Ready Deployment (VRD) für Windchill von PTC. Die VRD für Windchill ist eine vorkonfigurierte, flexible Konfiguration, die auf Best Practices aus 25 Jahren PLM-Erfahrung beruhen. „Value-Ready Deployment“ bedeutet, dass es sich um ein bewährtes, sofort implementierbares Lösungsangebot für Windchill handelt, das innerhalb weniger Monate einsatzbereit ist und volle Unterstützung durch PTC Experten erhält.

Unter Verwendung von Best Practices straffte Volvo CE die Prozesse rund um die Produktentwicklung und passte sie an die VRD-Prozesse an. Das war sehr schnell möglich, da keine Veränderungen an der Out-of-the-box-Lösung notwendig waren. Windchill wurde zur zuverlässigen und allgemein gültigen Datenquelle für den Lebenszyklus der Produkte und Architekturen.

Die Ausführung

Beim Rollout der Lösung ging Volvo CE nach der vom Strategy and Solution Portfolio Team definierten Bereitstellung von Lösungen und Funktionen vor. Das Team ermittelte Funktionen, die unabhängig implementiert werden konnten und mit jedem Schritt einen Mehrwert bieten. Hierzu wurden Faktoren wie Zielgruppen, ermöglichte Kompetenzen, Kosten-Nutzen-Evaluierung, Datenverfügbarkeit und Reifegrad berücksichtigt.

Volvo CE führte die Bereitstellung aktueller Produktionsprojekte und neuer Projekte phasenweise durch, priorisiert nach Wirkung, verfügbaren Benutzern, Finanzierungsmöglichkeiten und anderen Faktoren. Das Unternehmen bezog wichtige Benutzer in die Entwicklung der Lösung ein, um sicherzustellen, dass jede Bereitstellung die Funktionen umfasste, die die spezifischen Teams benötigten. Die Integration und Migration aller Ebenen erfolgten phasenweise über mehrere Monate, mit täglichen Besprechungen der Produkt-Teams von Volvo CE mit den Windchill Experten.

Für die Bereitstellung des Systems und erfolgreiches Änderungs-Management reichten Schulungen allein nicht aus. Änderungen wurden von „Early Adopters“ vorangetrieben, unterstützt vom Führungsprinzip des organisationsweiten „Pull“. Zunächst halfen die wichtigen Benutzer, die an der Bereitstellung beteiligt waren, bei der Schulung der Early Adopters in den verschiedenen Produktlinien. Anschließend unterstützten diese sämtliche Team-Mitglieder dabei, sich mit Windchill vertraut zu machen. Die Lösung wurde dann organisch in die Workflows der gesamten Organisation eingebunden.

Volvo-CE

Die Vorteile: Volvo CE legte den Fokus auf fünf Bereiche mit Potenzial für Effizienzverbesserungen

Das Strategy, Architecture and Systems Team konzentrierte sich auf fünf Bereiche des Produktentwicklungsprozesses, in denen Effizienzverbesserungen notwendig waren. Durch die Anwendung von PLM-Grundlagen in diesen Bereichen gelang Volvo CE nach und nach die Umstellung auf einen einheitlichen PLM-Ansatz.

Design-Entwicklung

Vorher

Vor Windchill hatte Volvo CE in der Design-Entwicklung keine gemeinsame Struktur für die Produktdokumentation. Volvo CE besaß mehrere Design-Entwicklungssysteme, die nur begrenzt miteinander verbunden waren. Baugruppenstrukturen mussten manuell erstellt und verglichen werden, obwohl sie bereits im CAD-System vorhanden waren.

Die Ingenieure mussten zudem mit viel Aufwand großformatige Installationszeichnungen anfertigen, um den Einbau von Teilen in den Maschinen zu veranschaulichen. Für den Austausch von Teilen zwischen den jeweils drei PDM- und eBOM-Systemen mussten oft Teile manuell eingerichtet werden, die bereits in einem anderen System vorhanden waren.

Nachher

Volvo CE implementierte ein gemeinsames System für das Produktdaten-Management, mit dem es seine Entwicklungs-Tools inklusive der Software vereinheitlichen und Governance sowie Verfolgbarkeit für Echtzeit-Einblick in vor- und nachgelagerte Daten erreichen konnte. Durch die Beseitigung manueller Tätigkeiten und Übergaben sowie die Förderung der Wiederverwendbarkeit wurden die Effizienz gesteigert und die Kosten gesenkt. Die funktionsübergreifende Interaktion zwischen Ingenieuren schon in den Anfangsphasen reduziert späte Konstruktionsänderungen.

In Zukunft wird Volvo CE nur noch ein gemeinsames PDM-System verwenden, sodass CAD-Daten und Baugruppenstruktur im selben System verwaltet werden. Doppelte Einträge werden eliminiert, das Suchen und gemeinsame Verwenden von Teilen im Ökosystem wird erleichtert.

Virtuelle Entwicklung

Vorher

Vor der Implementierung von Windchill war der globale Lebenszyklusprozess für Produkte, Standorte, Projekte und Organisationen bei Volvo CE nicht für alle wichtigen Stakeholder sichtbar, da es keine gemeinsame Dateninfrastruktur gab, verschiedene Methoden für virtuelle Modelle verwendet wurden und keine Verbindung zwischen Konfiguration und Visualisierung vorhanden war.

Nachher

Durch die Einführung eines globalen Prozesses mit einer gemeinsamen Dateninfrastruktur können die Teams von Volvo CE einmal erstellte Teile nun an vielen verschiedenen Orten wiederverwenden. Dadurch wird die Effizienz und Sichtbarkeit von Konfigurationen erheblich verbessert. Die Qualität konnte ebenso optimiert werden wie die Verfolgbarkeit des Status der virtuellen Verifizierung von Modellen und Analysen anhand von klaren, korrekten Konfigurationsregeln.

Volvo-CE

Fertigungsvorbereitung

Vorher

Früher wiesen lokale Fertigungsanpassungen keine Verknüpfung zu technischen Entwicklungsstücklisten auf. Infolgedessen war die Fertigungsvorbereitung ein manueller und komplexer Prozess ohne visuelle Führung. Die Aktualisierung von Arbeitsanweisungen war eine weitere zeitintensive Aufgabe.

Nachher

Dank Windchill kann Volvo CE eine Verbindung zwischen eBOMs und betrieblichen Prozesslisten herstellen, inklusive auf Fakten basierendem Feedback und Visualisierung. Durch konsequente Minimierung manueller Arbeiten in diesen Prozessen wurden zugleich die Kosten für menschliche Fehler gesenkt und die Dauer bis zur industriellen Produktion verkürzt. Die verstärkte Interaktion zwischen Designern und Fertigungsingenieuren während der Entwicklung trägt dazu bei, Probleme schon früh zu erkennen und die Bearbeitungseignung und Agilität sicherzustellen.

Konstruktionsänderungen

Vorher

Angesichts verschiedener PDM-Systeme war der Prozess für Konfigurationsprüfungen bei Volvo CE bei mehreren Änderungen nicht optimal. Produktkonfigurationen wurden in Microsoft Excel, Teams und manchmal sogar auf Papier verwaltet. Somit war es schwierig, Produkt- und Optionskonfigurationen zu erstellen und zu aktualisieren, inklusive Kombinationen und Restriktionen. Es gab keine direkte Verbindung mit nachgeordneten Applikationen, und es war nicht möglich, Optionen mit Technologiesystemen wie VPM und PROST gemeinsam zu nutzen.

Darüber hinaus wurden die Analyse und Vorbereitung von Änderungsnachrichten nicht für Designer visuell dargestellt und waren auch nicht mit dem System verknüpft. Änderungsanträge wurden in mehreren Systemen bearbeitet (z. B.

Excel, Teams und verschiedenen Datenbanken). Es gab also keine gemeinsame Arbeitsweise. Wenn ein ECN begann, mussten Ingenieure in mehreren Systemen nach Teilen oder Informationen suchen. Und schließlich fehlte es an Einblick in die Auswirkungen von Änderungen auf nachgeordnete Prozesse wie Prozesslisten und Wartungsfreundlichkeit.

Nachher

Mithilfe von Windchill erstellt und sammelt Volvo CE alle Änderungs-Management-Anträge und Problemberichte in einem einzigen System. Über eine Verbindung zwischen Teilen in technischen Entwicklungsstücklisten (eBOMs), Fertigungsstücklisten (mBOMs) und Service-Stücklisten (sBOMs) mit Visualisierungen können Ingenieure die Auswirkungen auf nachgeordnete Prozesse direkt sehen und Analysen anhand einer zentralen Informationsquelle durchführen, wodurch die Änderungszyklen erheblich verkürzt werden. Mit einem einzigen Konfigurator ist es einfacher, Optionen mit einem Produkt zu verknüpfen und alle Kombinationen zu verfolgen. Beim Hinzufügen oder Entfernen einer Option ist die Direktverknüpfung mit Produkten und Projekten für Ingenieure sichtbar.

Eine einzelne Informationsquelle und vereinfachte Verbindungen zwischen CAD- und Stücklistendaten erhöhen die Effizienz und ermöglichen Designern die schnelle Validierung der Auswirkungen von Entwicklungsänderungen auf Produkte.

Concurrent Engineering

Vorher

Die Konsistenz der Daten bei Volvo CE war nicht ausreichend und führte zu Nacharbeit bei der nachgeordneten Produktvorbereitung sowie zu zeitintensiven Besprechungen zur Koordinierung des Arbeitsaufkommens. Da unterschiedliche Daten in verschiedenen Systemen verwaltet wurden, gab es in den bestehenden Systemen keine Möglichkeit zum Erstellen von Baselines, die zwischen den Stakeholdern ausgetauscht werden konnten.

Mehrere Übergaben ohne Unterstützung durch Systeme führten zu reaktivem Verhalten und eingeschränkter Zusammenarbeit in frühen Phasen. Probleme wurden oft erst spät im Entwicklungsprozess erkannt. Dies führte zu Nacharbeit und einem erhöhten Risiko, dass die hohen Qualitätsstandards des Unternehmens nicht erfüllt wurden. Fehlender Einblick und unzureichende funktionsübergreifende Verwaltung von Anforderungen verursachten ebenfalls Nacharbeit später im Prozess.

Aufgrund der Anzahl von Legacy-System war es für Ingenieure mit hohem Aufwand verbunden, vorhandene Teile anderer PDM-Anwender zu finden. Es wurden zahlreiche Duplikate erstellt: Jedes Jahr kommen etwa 28.000 neue Teilenummern hinzu, von denen Berechnungen zufolge etwa 6 % redundant sind.

Nachher

Konsistente Daten in einer Datenbank und eine einzige maßgebliche Erkenntnisquelle bedeuten, dass

funktionsübergreifende Teams in einem gemeinsamen System zusammenarbeiten können. Verstärkte funktionsübergreifende Zusammenarbeit führt zu besserer Produkt- und Prozessqualität und verbessert darüber hinaus die Wiederverwendung vorhandener Lösungen und Assets. Kosten und Vorlaufzeiten lassen sich dadurch reduzieren.

Fazit: Nutzung einer zuverlässigen und allgemein gültigen Datenquelle für alle Produkte und Architekturen

Durch die Umstellung von PDM auf PLM schuf Volvo CE eine zuverlässige und allgemein gültige Datenquelle für den Lebenszyklus seiner Produkte und Architekturen. Zugleich stieg das Unternehmen von mehreren Standorten mit unterschiedlichen Systemen auf dieselbe Architektur an allen Standorten um.

Die Live-Schaltung erfolgte schnell: Innerhalb weniger Monate standen PLM-Systeme für Kurzheckbagger, Dumper,

Umstellung von PDM auf PLM

So schuf Volvo CE die Grundlagen für den Digital Thread

Kompaktradlader usw. zur Verfügung. Bis Ende 2021 wird Volvo CE mehr als 3.000 Nutzer schulen und Windchill erfolgreich an 15 Standorten implementieren. Die ersten drei Legacy-Systeme wurden bereits vollständig auf Windchill aktualisiert, beim vierten wurde das Upgrade eingeleitet, sodass bereits erste Verbesserungen wie digitale Montage und intelligente Diagramme nutzbar sind.

Zukünftig wird das PLM-Fundament die Bemühungen von Volvo CE in sämtlichen Produktangeboten, in der Produktion und in der Lieferkette optimieren. Durch modellbasierte Systementwicklung beispielsweise kann Volvo CE funktionale Anforderungen erfassen und sie mit Simulationen und Produktstrukturen verknüpfen. Mit der neuen Produktarchitektur kann Volvo CE Entwürfe und Untersysteme im gesamten Portfolio von Baufahrzeugen gemeinsam nutzen und wiederverwenden – und somit die Time-to-Market für neue Produkte verkürzen. Die modulare Produktion erhöht die Flexibilität und Skalierbarkeit in Fertigung und Lieferkette auf globalem Niveau.

Volvo CE kann zukünftig weitere Vorteile erschließen.

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