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Wie vorausschauende Wartung, Big Data und 3D-Druck die Bestandsplanung verändern

27. Mai 2020

Ed Wodarski is a Service Parts Planning (SPM) expert for Servigistics with a special focus on the commercial aviation ecosystem. Ed has over 36 years of experience in SPM software design, deployment and sales support. Starting his career at Xerox in 1981 as a part of the design team for the first bespoke global parts planning system, Ed is widely acknowledged as an industry founder. He later then designed the first commercial offering for LPA/Xelus which has since been incorporated into the Servigistics platform. Ed has also been a Senior Executive at Accenture consulting globally on parts planning best practices. At PTC, Ed has worked closely with a number of leading aviation enterprises including Boeing, Aviall, JetBlue, and Southwest.


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Materialplanungssysteme arbeiten auf Grundlage optimierter Bestandsschwellenwerte. Durch deren Bestimmung können angestrebte Serviceziele zu den geringsten Kosten erreicht werden können. Ein zusätzlicher Sicherheitsbestand soll vor Unsicherheiten in der Lieferkette schützen und Vorlaufzeiten für die Wiederbeschaffung überbrücken. Solche Unsicherheiten sind z.B. Schwankungen der Nachfrage oder der benötigten Stückzahl, die Leistungsfähigkeit des Lieferanten und die Einhaltung von Vorlaufzeiten oder von Qualitätsstandards.

Planungssysteme versuchen in erster Linie, diese Unsicherheiten durch die Einbeziehung umfangreicher relevanter Informationen und deren Verarbeitung mit Hilfe hochspezialisierter Algorithmen zu minimieren. Jede Möglichkeit, die Prognosegenauigkeit zu erhöhen oder die Vorlaufzeit für die Beschaffung von Material zu reduzieren, führt zu geringeren Kosten für das Erreichen desselben Serviceziels. In diesem Artikel wird untersucht, wie drei aufkommende Technologien, nämlich vorausschauende Wartung (predictive maintenance), die Analyse großer Datenmengen (Big Data) sowie der 3D-Druck sich auf Prognosezuverlässigkeit und Bestandsplanung auswirken.

Rasante Entwicklung neuer Technologien

Die beeindruckenden Fortschritte auf diesen Gebieten erweitern und ergänzen verfügbare Datensätze. Schon sehen einige deshalb das Ende von Sicherheitsbeständen und damit traditioneller Planungsmodelle und -instrumente gekommen. Doch auch wenn die Begeisterung über die Möglichkeiten von Big Data und die Ermittlung und Verarbeitung von Echtzeit-Leistungsdaten IIoT-fähiger vernetzter Anlagen gerechtfertigt ist: Die neuen Technologien verbessern und ergänzen die alten Methoden, sie ersetzen sie nicht.

Der optimale Weg in die digitale Zukunft besteht deshalb darin, diese neuen Datenquellen in ein übergeordnetes, robustes Planungsmodell einzubinden. Prognosen sind nicht mehr länger nur von indirekten Daten abhängig, sondern werden durch zusätzliche Daten, die von den Anlagen selbst gesammelt werden, präziser. Verwertbare, mit Hilfe von Big Data strukturierte und analysierte Daten erlauben es, bislang unvorhersehbare Fehler- oder Ausfallmuster zu antizipieren und zu eliminieren.

Vorausschauende Wartung: Wie alte und neue Methoden ineinandergreifen und Prognosen verbessern

Kann vorausschauende Wartung die Materialplanung sogar überflüssig machen? Diese Hoffnung wird oft mit den neuen Möglichkeiten verbinden, geht aber von falschen Prämissen aus. Vorbeugende Wartung bietet zahllose Vorteile, wird aber vielmehr zu einem zentralen Bestandteil der Planung werden, anstatt sie zu ersetzen oder obsolet zu machen. Vor allem in Branchen, in denen der Ausfall von Teilen, Maschinen oder Anlagen hohe Kosten verursacht (Fluggesellschaften, Fabriken, Raffinerien, um nur einige zu nennen), ist die Motivation besonders hoch, Ausfälle zu antizipieren und es gar nicht erst dazu kommen zu lassen. Die Einsparmöglichkeiten eines vorbeugenden Austauschs von Teilen während ohnehin auftretender und geplanter Stillstandszeiten sind beträchtlich, und die Vermeidung ungeplanter Ausfallzeiten hilft bei der Einhaltung von Terminzusagen und erhöht die Kundenzufriedenheit.

Die Gewährleistung eines möglichst unterbrechungsfreien Betriebs ist der größte Vorteil der vorausschauenden Wartung. Deshalb wird sie auch zu einem wichtigen Teil der unternehmerischen Gesamtplanung werden. Die präventive Ermittlung eines Wartungsbedarfs ermöglicht auch die Vordisposition von Material und Know-how, bevor die erforderliche Wartungsmaßnahme durchgeführt wird.

Traditionelle Verfahren haben noch lange nicht ausgedient

Die Möglichkeit der vorausschauenden Instandhaltung beschränkt sich jedoch ausschließlich auf Teile, bei denen konkrete Messwerte (z.B. Temperatur, Druck o.ä.) einen Einblick in den Status des jeweiligen Bauteils geben können. Einige für die Funktionsfähigkeit einer Anlage kritische Teile können so rechtzeitig gewartet oder getauscht werden. Dennoch wird es immer auch Teile geben, für die solche Daten nicht ermittelt werden können und für die deshalb andere Prognoseverfahren zum Einsatz kommen.

Zusätzliche Prognose- und Planungsmaßnahmen werden also weiterhin gebraucht. Darüber hinaus decken auch bei Komponenten, bei denen eine vorausschauende Wartung möglich ist, Sensordaten und Datenverarbeitung nicht alle Eventualitäten ab. Es wird immer auch „außerplanmäßige“ Wartungsfälle geben, die durch Messwerte allein nicht vorhersehbar sind. Deshalb bedarf es eines übergeordneten Materialplanungsmodells, um jederzeit die Verfügbarkeit von Teilen zu gewährleisten.

Big Data: Analyse und Verarbeitung großer Datenmengen

Während die vorausschauende Wartung ein besseres Verständnis dafür ermöglicht, wann und wo ein Teil ausfallen wird, ist es vielleicht sogar noch wichtiger zu erkennen, warum es ausfällt. Traditionelle Planungsmodelle verwenden dazu eine angenommene Ausfallquote auf Basis von Erfahrungswerten, etwa Materialermüdung nach einer bestimmten Betriebszeit. Das ist zwar allemal besser als zu warten, bis die betreffende Komponente tatsächlich versagt und einen Ausfall verursacht, hat aber einige gravierende Mängel – allen voran den, dass so keine allgemeingültigen Prognosen getroffen werden können. Denn verschiedene Nutzungs- oder Umweltbedingungen führen mit großer Wahrscheinlichkeit zu unterschiedlichen Lebenszeiten, Ausfallhäufigkeiten und Gründen für das Versagen.

IIoT-fähige, vernetzte Anlagen ermöglichen hier wesentlich präzisere Vorhersagen, erzeugen aber auch unglaubliche Mengen an sensorbasierten Informationen. Dabei entsteht ein Datenvolumen, das zu groß ist, um von einem Analytiker ohne entsprechende Hilfsmittel ausgewertet zu werden – die Suche nach einer spezifischen Information kommt dann der Suche nach der sprichwörtlichen Nadel im Heuhaufen gleich zu werden. Hier kommt Big Data ins Spiel.

Aus großen Datenmengen werden Handlungsempfehlungen abgeleitet

Moderne Methoden der Verarbeitung und Strukturierung dieser enormen Datenmengen können die tatsächlichen Ursachen für Materialversagen und Teile aufdecken, indem sie Zusammenhänge herstellen und spezifische Einflussfaktoren berücksichtigen. So lassen sich Erkenntnisse darüber gewinnen, welche Ausfallgründe für ein Teil oder eine Klasse von Teilen spezifisch sind und unabhängig von Umweltbedingungen auftreten, wo äußere Einflüsse sich auf die Lebensdauer auswirken, und wo mehrere Faktoren zusammenspielen. Muster im Gerätebetrieb oder Fehlermuster, die „mit bloßem Auge“ – also ohne Big Data – unmöglich zu erkennen sind, können wertvolle Erkenntnisse über künftige Teile- und Wartungsanforderungen liefern.

So ersetzen die Auswertungsmöglichkeiten von Big Data herkömmliche Ausfallannahmen, die zu Unrecht universell auf ein Teil angewendet werden, durch eine Prognose, die eine ganze Matrix von Faktoren wie Nutzungs- und Umweltbedingungen einbezieht. Das verbesserte Verständnis des kausalen Zusammenwirkens unterschiedlicher Einflussgrößen erhöhen die Genauigkeit von Ausfallprognosen erheblich und lassen die Verringerung erforderlicher Sicherheitsbestände zu – nicht aber den gänzlichen Verzicht auf sie. Genau wie für die vorausschauende Wartung – die ja durch die Datenauswertung erst ermöglicht wird – gilt: Solche Analysemethoden sind nur für Teile anwendbar, für die Messwerte ermittelt werden können.Von unschätzbarem Wert für die Erhöhung der Planungssicherheit sind sie dennoch. Erst durch Big Data wird es möglich, die erhobenen Mess- und Aktivitätsdaten als Entscheidungs- und Handlungsgrundlage nutzbar zu machen.

3D-Druck: Additive Fertigung

Bei den ersten beiden Technologien wird die Reduzierung von Sicherheitsbeständen vor allem dadurch erreicht, dass Messdaten und bislang unbekannte Kausalzusammenhänge die Prognosezuverlässigkeit erhöhen. Doch auch additive Fertigung – das Anfertigen benötigter Teile und Komponenten „auf Abruf“, also bei Bedarf – kann erheblich zur Reduzierung von Beständen und Vorlaufzeiten beitragen, jedoch aus anderen Gründen.

Eine wachsende Zahl von Teilen eignet sich für diese Methode der Fertigung, da im 3D-Druck inzwischen neben Kunststoffen auch Metalle und Verbundwerkstoffe verarbeitet werden können. Das wirkt sich erheblich auf Lieferketten aus. Gilt normalerweise, dass der Produktionsprozess für den größten Teil der Vorlaufzeit verantwortlich ist, nimmt bei additiv gefertigten Teilen der Transport oft mehr Zeit in Anspruch. Das Planungssystem muss deshalb die Nachfrage höher gewichten als das verfügbare Angebot, wo im Normalfall beide Größen möglichst ausgewogen sind. Das Ziel besteht darin, einen ausreichenden Lagerbestand oder ausreichende Produktionskapazitäten vorzuhalten, um die angeforderten Teile innerhalb der vom Kunden tolerierten Wartezeit zu liefern. Wie bei den anderen besprochenen Technologien kommen längst nicht alle Teile für einen additiven Fertigungsprozess in Frage, so dass auch diese Technologie eine Ergänzung traditionellerer Verfahren, aber keinen vollständigen Ersatz für sie darstellt.

Fazit

Vorausschauende Wartung ermöglicht für Anlagen und Teile, die über Sensoren eigene Daten ermitteln können, eine deutliche Reduzierung von Betriebsstörungen und Ausfallzeiten. Möglich wird das, weil indirekte Daten und ungenaue Verschleißannahmen durch Prognosen auf Basis konkreter, belastbarer Messdaten ersetzt werden. Erst Big Data sorgt allerdings dafür, dass diese enormen Datenmengen so strukturiert werden können, dass algorithmisch ermittelte Kausalitäten erkennbar sind und daraus auch tatsächliche Handlungsempfehlungen – etwa für den vorbeugenden Austausch von Komponenten – abzuleiten werden können. 3D-Druck-Verfahren wiederum ermöglichen kürzere Produktionszeiten und reduzieren damit die Vorlaufzeite insgesamt. Somit wirken sich alle drei Technologien nachhaltig auf die Planung von vorzuhaltenden Materialbeständen aus.

Da sich diese Verfahren aber längst nicht auf alle Teile und Prozesse anwenden lassen, müssen sie immer als Ergänzung und Erweiterung von Prognose- und Planungsprozesse und nicht als deren Ersatz verstanden werden.

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Ed Wodarski

Ed Wodarski is a Service Parts Planning (SPM) expert for Servigistics with a special focus on the commercial aviation ecosystem. Ed has over 36 years of experience in SPM software design, deployment and sales support. Starting his career at Xerox in 1981 as a part of the design team for the first bespoke global parts planning system, Ed is widely acknowledged as an industry founder. He later then designed the first commercial offering for LPA/Xelus which has since been incorporated into the Servigistics platform. Ed has also been a Senior Executive at Accenture consulting globally on parts planning best practices. At PTC, Ed has worked closely with a number of leading aviation enterprises including Boeing, Aviall, JetBlue, and Southwest.


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